Es ist Freitagnachmittag vor unserem Bundestag und unser kleines Auto pflügt durch strömenden Regen, hinweg über die Kasseler Berge auf dem Weg nach Bad Kissingen. Schlechte Voraussetzungen, um unseren Bundestag am Bundesfeuer eröffnen zu können. Doch mit unserer Ankunft auf dem Heiligenhof verziehen sich die dunklen Wolken und wir beginnen, die nassen Wälder nach Brennmaterial für unser Feuer zu durchsuchen.
Schon wenig später stand der versammelte Bund rund um sein aufgeschichtetes Bundesfeuer. Gemeinsam erinnerten wir uns an unsere Ursprünge und gedachten der verstorbenen Gildenbrüder und –schwestern. Mehr als das Vergangene stand jedoch das Zukünftige im Vordergrund. In der Feuerrede wurde das neu erarbeitete Selbstverständnis der Aktivitas vorgestellt. Es wurde klar, daß die Aktivitas in den vergangenen zwei Jahren viel geleistet hat und dies als Ansporn für die nächsten Jahre sieht. Unsere neu aufgenommenen und bestätigten Gildner entzündeten zuletzt den Feuerstoß und eröffneten damit den 30. Bundestag der Deutschen Gildenschaft. Noch lange standen wir um das Feuer versammelt und Gildenschafter aus den unterschiedlichsten Generationen sangen gemeinsam am Feuer.
Nach Frühstück und Morgenfeier stand am Samstag die Bundesversammlung auf dem Programm. Der Vormittag verging mit der Vorstellung des Vorstands und detaillierten Berichten über verschiedenste Aktivitäten. Nach dem Mittagessen und einer ersten Theatereinlage einiger Trutzburger Aktiver folgte die mit Spannung erwartete Podiumsdiskussion zum Thema Meißnertreffen. Unter Rüdigers Leitung sollten sich ketcha (WVDB), Andreas (Weinbacher WV) und Alfred (Christliche Pfadfinderschaft) über die Ursprünge und Auswirkungen des historischen und des aktuellen Meißnertreffens austauschen. Dabei entbrannte gerade mit Hinblick auf das kommende Treffen im Jahr 2013 eine heftige Debatte. Vor allem vor dem Hintergrund des Ausschlusses einiger Bünde wurde hinterfragt, welchen Zweck das große Meißnertreffen eigentlich haben solle. Die Frage, ob es nun einfach nur als „Event“ oder doch als Gedenkveranstaltung zu bezeichnen sei, konnte dabei nicht endgültig geklärt werden.
Der Samstagabend war traditionell dem Festabend vorbehalten. So kam es, daß uns auch dieses Mal ein herrliches Buffet erwartete und die Kapelle bis spät in die Nacht zum Tanz aufspielte. Zusätzlich sorgten zahlreiche sehr unterschiedliche Einlagen für einen wunderschönen Abend: Politisches Kabarett aus München, mehr Hans Sachs Laienspiel aus Göttingen, studentische Kultur aus Darmstadt und kokovoristisches Alien Dada aus Hamburg. Gilde wie sie leibt und lebt.
In meiner Morgenfeier am Sonntagmorgen hatte ich die Gelegenheit, nochmals auf die Zukunftsfähigkeit der Gildenschaft hinzuweisen. Gerade in Zeiten von Bachelor und Master kann unser Lebensbund seinen Bestand als geistige Heimat am Hochschulort sichern. Die akademische Feierstunde im Anschluß stellte einen Höhepunkt des gesamten Bundestages dar. Umrahmt von Liedern, musischen Einlagen und kurzen Lesungen wurde der Weg der Jugendbewegung von 1913 bis 2013 unter besonderer Berücksichtigung des jeweiligen Meißnertreffens eindrucksvoll nachgezeichnet. Obwohl viele Inhalte großen Teilen des Publikums sicher schon bekannt waren, fesselte die Komposition aus inhaltlichen und kulturellen Elementen auch die völlig übermüdeten Gestalten im Auditorium. Ein Festvortrag, den ich persönlich noch lange in Erinnerung behalten werde.
Mit einem letzten gemeinsamen Schlußkreis kam unser Bundestag zu seinem Ende. Es war ein herrliches Wochenende, das sowohl Aktivitas als auch Altgilde mit neuem Elan und neuer Energie für gildenschaftliche Projekte begeistern konnte. Für die Daheimgebliebenen bleibt nur der Trost, in zwei Jahren alles richtig zu machen und selber dabei zu sein, um ein herrliches Wochenende zu erleben.